ANZAHLUNGS- UND OPTIONSVERTRÄGE FÜR IMMOBILIEN: AUSWIRKUNGEN DES NOTSTANDS

Mit der Erklärung des Notstands durch die spanische Regierung am 14. März 2020 wurde ein Großteil der wirtschaftlichen Aktivitäten gelähmt. Die aufgrund der offensichtlichen Ausnahmesituation getroffenen Maßnahmen wirken sich im Bereich des Immobilienrechts direkt auf die bereits unterzeichneten Verträge zwischen Käufern und Verkäufern aus, insbesondere auf diejenigen mit Kaufoption oder einer Anzahlung (arras), da sie einer Befristung unterliegen. Wahrscheinlich stehen die Vertragsparteien derzeit vor dem schwierigen Szenario, dass sie nicht in der Lage sind, zum Notar zu gehen, um die Kaufurkunde zu dem im Vertrag vereinbarten Datum oder der vereinbarten Frist zu unterzeichnen. Wie sollte mansich in dieser Situation verhalten? Gehen die von den Käufern geleisteten Anzahlungen verloren?

Haben die Parteien im Vertrag vereinbart, die Kaufurkunde zu einem Zeitpunkt vor einem Notar zu beurkunden, der nun zufällig in den Zeitraum des Notstands fällt, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass die entsprechende Urkunde nicht innerhalb der vereinbarten Frist beurkundet werden kann. Hauptsächlich weil die Notare von der Genehmigung von Urkunden absehen müssen, wenn kein dringlicher Grund für eine Beurkundung besteht. Dies ist in den Anweisungen der Generaldirektion für Rechtssicherheit und öffentlichen Glauben vom 15. März 2020 über die Aufstellung von Maßnahmen zur Gewährleistung einer angemessenen Erbringung des notariellen öffentlichen Dienstes definiert.

Wir befinden uns inzwischen seit einigen Wochen im Notstand und haben in dieser Zeit beobachtet, dass die Beurkundung von notariellen Immobilienkaufverträgen nicht als dringende Situation behandelt wird (außer in ganz außergewöhnlichen Fällen). Eine besondere Dringlichkeit wurde zum Beispiel in Fällen angenommen, in denen die Käufer ihr bisheriges Haus bereits verkauft und übergeben haben und dringend die Kaufurkunde unterschreiben müssen, um das neue Eigentum in Besitz zu nehmen und nicht obdachlos zu werden.

Und was geschieht in Fällen, in denen keine Dringlichkeit nachgewiesen werden kann? Obwohl die freie Parteienvereinbarung der Grundstein der Regelung privater Verträge im spanischen Rechtssystem ist (Art. 1255 des spanischen Bürgerlichen Gesetzbuches, im Folgenden CC) und Verträge Klauseln enthalten können, die z.B. eine Haftungsbefreiung für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses vorsehen, ist es unwahrscheinlich, dass der Vertrag den konkreten Fall einer sanitären Krise wir dem aktuell vorliegenden, bedacht hat. Zunächst ist es jedoch einmal zu prüfen, was die Parteien im Anzahlungsvertrag vereinbart haben.

Wenn der Vertrag einen solchen Sonderfall nicht vorsieht, müssen wir uns nach den geltenden gesetzlichen Vorschriften richten. Artikel 1454 CC regelt die Hinterlegung von Anzahlungen nur sehr kurz: “Ist im Kaufvertrag eine Strafanzahlung oder Anzahlung vereinbart worden, so kann der Vertrag aufgelöst werden und der Käufer diese verlieren oder der Verkäufer sie doppelt zurückgeben. „

Sowohl die herrschende Lehre als auch die Rechtsprechung bestätigen, dass es drei Arten der Anzahlungen gibt:

  • Anzahlung (Arras confirmatorias): Dies sind solche, bei denen der Käufer einen Teilbetrag des vereinbarten Preises als Bestätigung der Vereinbarung anzahlt. Diese Anzahlungen sind eine reine Vorauszahlung des Preises und dienen daher weder als Garantie noch berechtigen sie den Käufer zum Rücktritt vom Vertrag. Wenn der Käufer im nächsten Schritt nicht den Rest des Preises bezahlt oder der Verkäufer das Objekt nicht übergibt, kann die geschädigte Partei zwischen der Vertragserfüllung oder der Auflösung des Vertrages wählen, wobei in beiden Fällen Schadenersatz und Zinsen separat zu leisten sind.
  • Strafanzahlung (Arras penitenciales): Dies sind Anzahlungen, die zum Rücktritt ohne Grund berechtigen. Sie werden ebenfalls als Anzahlung auf den Kaufpreis behandelt und jede Vertragspartei kann zusätzlich einseitig vom Vertrag zurücktreten, ohne dass die andere Partei Erfüllung oder irgendeine Art von Entschädigung verlangen kann. Tritt der Käufer zurück, verliert er die als Anzahlung übergebene Summe, tritt der Verkäufer zurück, muss er die doppelte Summe der Anzahlung zahlen. Diese Art der Anzahlung ist im Bürgerlichen Gesetzbuch in Art. 1454 CC geregelt und ist auch die meistbenutzte. Sie findet aber nur Anwendung, wenn sie ausdrücklich im Vertrag vereinbart wurde.

  • Reugeld (Arras penales): Hierbei handelt es sich um eine echte Strafklausel, bei der der Betrag als "Strafe" (Schadenersatz bei Nichteinhaltung) im Voraus an eine der Vertragsparteien gezahlt wird. Er ist im Artikel 1154 u. ff. des CC geregelt. Im Falle einer Vertragsverletzung hat die andere Partei zwar Anspruch auf den Betrag als Entschädigung, gleichzeitig darf der Vertrag nicht gekündigt werden.

Ein ganz anderes Instrument ist der Kaufoptionsvertrag (contrato de opción). Es handelt sich um einen Vorvertrag, bei dem der Verkäufer (Optionsgeber) dem Käufer (Optionsnehmer) die ausschließliche Entscheidungsbefugnis über den Abschluss des Kaufvertrages einräumt, die innerhalb einer bestimmten, im Vertrag festgelegten Frist und unter bestimmten Bedingungen ausgeübt werden muss.

Während des Notstands haben wir beobachten können, wie viele Käufer versucht haben zu argumentieren, dass die Dringlichkeit der Beurkundung aufgrund vereinbarter Strafanzahlungen offensichtlich sei. Die Praxis hat jedoch gezeigt, dass Notare das bloße Vorliegen von Strafanzahlungen nicht als ausreichend für eine Notbeurkundung betrachten und es mithin unumgänglich ist, die Unterzeichnung im Einvernehmen beider Parteien zu verschieben.

Aus diesem Grund muss zunächst versucht werden, mit der anderen Vertragspartei eine Einigung über einen Aufschub der vereinbarten Übertragung zu erzielen. Es ist sehr ratsam, dass eine solche Vereinbarung schriftlich festgehalten wird, um mögliche zukünftige Schadensersatzansprüche zu vermeiden.

Zweitens und für den Fall, dass eine der Parteien beabsichtigt, ihr Recht auf Entschädigung aufgrund der Strafanzahlung geltend zu machen, kann immer die Anwendung höherer Gewalt in Betracht gezogen werden. Artikel 1105 CC sieht vor, dass "niemand für Ereignisse haftet, die nicht vorhergesehen werden konnten oder die, wenn sie vorhergesehen wurden, unvermeidbar waren". Sowohl die Rechtsprechung als auch die Doktrin stimmen darin überein, dass die bestimmenden Merkmale dieses Prinzips Unvorhersehbarkeit und Unvermeidbarkeit sind. Und dies ist bei der Coronavirus-Pandemie zweifellos der Fall. Die Vertragspartei, die aufgrund von Tatsachen, die sie nicht vorhersehen oder, nachdem sie sie vorhergesehen hat, nicht verhindern konnte, nicht in der Lage war, der Vereinbarung nachzukommen, muss in keiner Weise bestraft oder entschädigt werden, es sei denn, diese Umstände sind aufgrund des Grundsatzes der Privatautonomie zwischen den Parteien im Vertrag selbst vorgesehen worden.

Da der Kaufoptionsvertrag eine Frist für die Ausübung des Kaufrechts vorsieht, ist es in diesem Fall wichtig, dem Verkäufer schriftlich mitzuteilen, dass das Recht ausgeübt wird. Diese Mitteilung sollte in jedem Fall vorzugsweise schriftlich und immer vor dem im Vertrag vorgesehenen Ablaufdatum erfolgen. Wird die notarielle Kaufurkunde nach diesem Datum unterzeichnet, so bedeutet dies nicht das Erlöschen des Rechts. Die Willensbekundung des Käufers (Optionsnehmer) innerhalb des Ablaufdatums reicht aus, damit der Kaufvertrag abgeschlossen wird.

In der Erwartung, dass sich die Gesundheitskrise noch einige Zeit hinziehen wird oder es auch künftig zu neuen Ausbrüchen von Covid-19 oder anderen Viren kommen kann, wird dringend empfohlen, die folgende Klausel in Anzahlungs- oder Kaufoptionsverträge aufzunehmen: "Die Parteien sind sich darüber einig, dass aufgrund der durch die Gesundheitskrise von Covid-19 verursachten Umstände die in diesem Vertrag genannten Zeiträume ausgesetzt werden, solange es noch Beschränkungen der Bewegungsfreiheit (nicht nur in Spanien, sondern auch im Wohnsitzland der Parteien) und/oder der Eröffnung und des normalen Betriebs von Institutionen, einschließlich Banken und Notaren, gibt. Die Parteien benachrichtigen sich gegenseitig über diese Umstände und deren Beendigung".

Wenn Sie Fragen zu Anzahlungs- oder Optionsverträgen haben, zögern Sie nicht, unsere Experten für Immobilienrecht zu kontaktieren.