AUSWIRKUNGEN DER COVID-19-KRISE AUF DIE BESTEUERUNG VON IM AUSLAND LEBENDEN ARBEITNEHMERN, GRENZGÄNGERN UND BERUFSSPORTLERN

Die COVID-19-Krise hat die Staaten zum Erlass außerordentlicher Maßnahmen veranlasst, um die Ausbreitung der Krankheit zu stoppen: Quarantänen, Einschränkungen des internationalen Reiseverkehrs und Aussetzung nicht „lebenswichtiger” wirtschaftlicher Aktivitäten. Von diesen Umständen waren Grenzgänger und im Ausland arbeitenden Personen besonders betroffen: Erstere hatten möglicherweise Schwierigkeiten, weiterhin in den Staat zu reisen, in dem sie normalerweise arbeiten. Die letztgenannten hatten unter Umständen Probleme, zu den vorgesehenen Terminen in ihren Herkunftsstaat zurückzukehren. In diesem Beitrag untersuchen wir die Auswirkungen, die diese Situation auf ihre Besteuerung aus internationaler Sicht haben kann.

In einem früheren Beitrag haben wir analysiert, inwieweit sich die Eindämmungsmaßnahmen auf den Steuersitz von natürlichen Personen auswirken könnten. Vorliegend konzentrieren wir uns auf ein anderes und spezifischeres Thema: die Besteuerung des Arbeitseinkommens des grenzüberschreitenden oder im Ausland lebenden Arbeitnehmers auf der Grundlage seines Status als Gebietsfremder des Staates, in dem er arbeitet. Die Doppelbesteuerungsabkommen lösen diese Situation in der Regel auf folgende Weise: Arbeitseinkommen werden grundsätzlich nur in dem Staat besteuert, in dem der Arbeitnehmer steuerlich ansässig ist, sofern die folgenden drei Voraussetzungen erfüllt sind: (a) der Arbeitnehmer bleibt innerhalb eines Zwölfmonatszeitraums nicht länger als 183 Tage im Bestimmungsstaat, (b) der Lohn wird von einem Arbeitgeber gezahlt, der im Bestimmungsstaat nicht steuerlich ansässig ist, und (c) der Lohn wird nicht von einer Betriebsstätte des Arbeitgebers im Bestimmungsstaat getragen. Wenn eine der drei Bedingungen nicht erfüllt ist, können die Einkünfte aus unselbständiger Arbeit auch im Bestimmungsstaat besteuert werden, was bedeutet, dass sich das Unternehmen dort steuerlich registrieren lassen und den Lohn des Arbeitnehmers gemäß den Steuervorschriften dieses Landes abziehen muss.

Im Ausland arbeitende Personen

Die COVID-19-Krise kann sich besonders auf die erste dieser Anforderungen auswirken. Die Kommentare zum OECD-Musterabkommen weisen darauf hin, dass bei der Berechnung der 183 Tage auch der krankheitsbedingte Arbeitsausfall berücksichtigt werden sollte, während dessen der Arbeitnehmer im Bestimmungsstaat bleiben muss, außer in dem außergewöhnlichen Fall, dass dadurch die Abreise des Arbeitnehmers verhindert wird, die ohne die Krankheit stattgefunden hätte. Es könnte erwogen werden, ob dasselbe Kriterium und dieselbe Ausnahme auch für die im Ausland lebenden Arbeitnehmer gelten, die normalerweise die Mindestdauer von 183 Tagen nicht erreicht hätten, dies aber tun werden, wenn man die Dauer der Quarantäne und die Beschränkung internationaler Reisen berücksichtigt. Im Gegensatz zum Fall des steuerlichen Wohnsitzes (der die Kriterien der Gewohnheit berücksichtigt und es ermöglicht, außerordentliche Situationen oder solche, die durch Ereignisse höherer Gewalt verursacht wurden, auszuschließen), bezieht sich der Artikel über das Arbeitseinkommen nur auf die objektiven Daten über die Anzahl der Tage, die im Bestimmungsstaat verbracht wurden, einschließlich kurzfristiger Arbeitsunterbrechungen, wie z.B. solche, die durch Streiks, Aussperrungen, Verzögerungen bei der Entgegennahme von Lieferungen, Feiertage und Ferien verursacht wurden. Alles deutet also darauf hin, dass alle Aufenthaltstage gezählt werden, und zwar umso mehr, wenn der Arbeitnehmer im Bestimmungsstaat weiterhin von zu Hause aus tätig ist.

Grenzgänger

Im Falle von Grenzgängern, d.h. von Arbeitnehmern, die - auch aus steuerlichen Gründen - in einem Staat ansässig sind und in der Regel - sogar täglich - zur Arbeit in einen anderen Staat reisen, kann das Problem umgekehrt sein: Unter normalen Umständen kann ihr Lohn in dem Staat, in dem sie arbeiten, besteuert werden, weil er das Minimum von 183 Tagen überschreitet (wenn sich der Arbeitnehmer in diesem Staat für einen auch noch so kleinen Teil eines Tages aufhält, gilt dies als ganztägige Anwesenheit). Aber Quarantäne, Grenzschließungen und Aussetzung von nicht „lebenswichtigen“ Aktivitäten haben sie möglicherweise zur Telearbeit gezwungen, so dass sie die Mindestdauer möglicherweise nicht erreichen. In einem solchen Szenario könnte der Bestimmungsstaat das Recht zur Besteuerung des Gehalts verlieren und sollte die bereits vorgenommenen Abzüge (Lohnsteuern) zurückerstatten. Das OECD-Sekretariat fordert die Staaten in ihrem Vermerk Analysis of Tax Treaties and the Impact of the COVID-19 Crisis auf, sich untereinander zu koordinieren, um die Kosten – insbesondere die Verwaltungskosten – zu verringern, die den Unternehmen und Arbeitnehmern durch diese erzwungenen Änderungen des Arbeitsortes entstehen können. Eine Stellungnahme seitens der spanischen Steuerbehörde blieb bisher aus.

Staatlicher Lohnersatz

Zur Bewältigung der durch die Pandemie ausgelösten Wirtschaftskrise haben viele Staaten Konjunkturpakete verabschiedet, die Zahlungen zugunsten von Arbeitnehmern vorsehen, deren Arbeitsverhältnis durch höhere Gewalt ausgesetzt wurde (in Spanien die bekannten ERTEs). Für die Zwecke der Doppelbesteuerungsabkommen sind diese Zahlungen einer Entschädigung gleichgestellt und werden daher dort besteuert, wo die Löhne, die sie ersetzen, in gleicher Weise besteuert worden wären.

Berufssportler

Es gibt kaum einen Lebensbereich, der nicht von der aktuellen Krise betroffen ist, auch nicht der Profisport. Alle offiziellen Wettbewerbe wurden ausgesetzt und es bleiben nur noch wenige Monate bis zum Beginn der neuen Transferperiode, insbesondere im Fußball.

Nach den meisten Doppelbesteuerungsabkommen kann das Gehalt von Berufssportlern in dem Staat besteuert werden, in dem sie spielen, selbst wenn sie dort nicht ihren Steuersitz haben. Die Besteuerung im erstgenannten Land kann jedoch unterschiedlich sein, je nachdem, ob der Spieler dort seinen Steuersitz hat oder nicht. In Spanien beispielsweise werden die Gehälter eines nicht in Spanien steuerlich ansässigen Spielers mit einem festen Satz von 19 % (für Spieler mit Steuersitz in der Europäischen Union, Island oder Norwegen) bzw. 24 % (für Spieler mit Steuersitz in anderen Ländern) besteuert, während die Gehälter eines in Spanien steuerlich ansässigen Spielers mit bis zu 45 % besteuert werden können.

So kann eine Saisonverlängerung bedeuten, dass ein Spieler eines spanischen Vereins, dessen Vertrag in dieser Saison auslief und der bei einem ausländischen Verein unterzeichnen wollte, im Jahr 2020 in Spanien steuerlich ansässig ist, was in bestimmten Fällen zu einer Doppelbesteuerung führen kann. Wie man sieht, ist die Wiederaufnahme offizieller Wettbewerbe nicht nur eine sportliche Angelegenheit, sondern viele anderen Faktoren, einschließlich der Besteuerung, hängen davon ab.

Aktualisiert am 04.05.2020