Österreich: Die Umsetzung der EU Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der EU („Transparenz-RL“)

Im Zuge der Umsetzung der RL (EU) 2019/1152 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der EU („Transparenz-RL“) wurden insbesondere das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG), das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB), das Angestelltengesetz (AngG) und das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG) novelliert. Die wesentlichen Neuerungen sollen nachfolgend zusammengefasst werden. Die Neuerungen gelten ab Inkrafttreten des Gesetzes (28.03.2024) und sind anzuwenden auf ab diesem Zeitpunkt neu abgeschlossene Dienstverträge.


Inhalt


Bestimmungen betreffend den Dienstzettel

Dienstzettel sind nunmehr auch dann auszustellen, wenn das Dienstverhältnis einen Monat oder kürzer dauert und Änderungen müssen spätestens am Tag des Wirksamwerdens schriftlich mitgeteilt werden. Ein Pflicht zur Ausstellung eines Dienstzettels besteht nach wie vor nicht, wenn ein schriftlicher Arbeitsvertrag ausgehändigt wird, der alle erforderlichen Angaben gem § 2 Abs 2 AVRAG und § 1164a ABGB enthält.

Neu sind folgende zusätzliche Angaben im Dienstzettel:

  • Hinweis auf das einzuhaltende Kündigungsverfahren*,
  • Sitz des Unternehmens,
  • kurze Beschreibung der zu erbringenden Arbeitsleistung,
  • die Vergütung von Überstunden und jedenfalls die Art der Auszahlung des Entgelts*,
  • Angaben zu Bedingungen für die Änderung von Schichtplänen*,
  • Name und Anschrift des Sozialversicherungsträgers,
  • Dauer und Bedingungen einer vereinbarten Probezeit*,
  • den Anspruch auf eine vom AG bereitgestellte Fortbildung*.

* Hier genügt ein Verweis auf das Gesetz, den Kollektivvertrag oder betriebsübliche Reiserichtlinien.

Erweiterung der Überlassungsmitteilung

Weiters hat die Überlassungsmitteilung gem § 11 AÜG zusätzliche Informationen (analog zu den Angaben im Dienstzettel) zu enthalten.

Mehrfachbeschäftigung

Durch die neue gesetzliche Regelung in § 2i AVRAG werden die Möglichkeiten der Untersagung einer Mehrfachbeschäftigung genauer geregelt und kann diese vom Arbeitgeber nur in zwei vorgesehenen Fällen untersagt werden. Dies ist, entsprechend der bisherigen Judikatur, wenn die Mehrfachbeschäftigung mit arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen unvereinbar ist oder wenn sie der Tätigkeit im bestehenden Arbeitsverhältnis abträglich ist.

Abträglich ist die Nebenbeschäftigung etwa dann, wenn sie konkurrenzierend ist, sich auf die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers (zB aufgrund Übermüdung, Zuspätkommens) nachteilig auswirkt, die Möglichkeit der Preisgabe von Geschäftsgeheimnissen besteht sowie eine Rufschädigung des AG bewirkt. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung.

Das Konkurrenzverbot des § 7 Abs 1 AngG ist unbeschadet der neuen Bestimmungen weiterhin anwendbar.

Aus-, Weiter- und Fortbildungen als entgeltpflichtige Arbeitszeit

Neu ist die explizite Regelung in § 11 AVRAG, dass Aus-, Fort- und Weiterbildung unter bestimmten Voraussetzungen vom Arbeitgeber zu bezahlen ist und Arbeitszeit darstellt. Ist die Pflicht zur Aus-, Fort- oder Weiterbildung auf Grund gesetzlicher Vorschriften, Verordnungen, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder des Arbeitsvertrages eine (bestimmte) Voraussetzung für die Ausübung der arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeit, sind diese Voraussetzungen erfüllt. Eine Verpflichtung, eine Ausbildung vor Beginn des Arbeitsverhältnisses zu finanzieren (zB von Stellenbewerbern), ergibt sich dadurch aber nicht.

Die Kostentragung durch den Arbeitgeber entfällt, wenn die Kosten von einem Dritten übernommen werden (zB vom AMS). Die freiwillige Übernahme der Kosten durch den Arbeitgeber, die über die normierte Verpflichtung hinausgehen, ist weiterhin selbstverständlich möglich.

Benachteiligungsverbot und Begründungspflicht bei Kündigungen

Ein Arbeitnehmer, der sein Recht auf Aushändigung eines Dienstzettels, Nebenbeschäftigung oder Aus-, Fort und Weiterbildung geltend macht, darf als Reaktion darauf weder gekündigt, entlassen noch auf andere Weise benachteiligt werden. Eine Kündigung, die wegen des Verlangens des Arbeitnehmers nach Ausstellung eines Dienstzettels, einer zulässigen Nebenbeschäftigung oder wegen einer beabsichtigten oder tatsächlich in Anspruch genommenen Aus,– Fort- und Weiterbildung erfolgt, kann bei Gericht angefochten werden (Motivkündigungsschutz).

In den Fällen der potenziellen Verletzung des Benachteiligungsverbots hat der Arbeitgeber auf ein schriftliches Verlangen des Arbeitnehmers eine schriftliche Begründung der Kündigung auszustellen. Der Arbeitnehmer hat die Begründung binnen fünf Tagen nach Ausspruch der Kündigung bei sonstigem Verlust des Rechts zu verlangen. Der Arbeitgeber muss die schriftliche Begründung binnen fünf Kalendertagen ab Zugang des Verlangens ausstellen. Die Kündigung bleibt aber jedenfalls wirksam.

Sanktionen

Entspricht der Dienstzettel nicht den neuen Anforderungen, kann von der Bezirksverwaltungsbehörde eine Verwaltungsstrafe von € 100,00 bis zu € 436,00 über den Arbeitgeber verhängt werden. Sind mehr als fünf Arbeitnehmer betroffen oder wurde der Arbeitgeber innerhalb der letzten drei Jahre vor der neuerlichen Übertretung nach dieser Bestimmung (§ 7a AVRAG) rechtskräftig bestraft, beträgt die Geldstrafe € 500,00 bis € 2.000,00.

Stellt die Bezirksverwaltungsbehörde nach Einleitung des Strafverfahrens fest, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer inzwischen nachweislich einen Dienstzettel ausgehändigt hat und das Verschulden des Arbeitgebers gering ist, hat sie von der Verhängung einer Geldstrafe abzusehen.

Fazit und Empfehlung

Als Arbeitgeber oder Arbeitskräfteüberlasser sollten Sie Ihre bestehenden Arbeitsvertragsmuster / Dienstzettel bzw Überlassungsmitteilungen mit den neuen Anforderungen abgleichen und etwaige Anpassungen durchführen.

Beachten Sie dabei sowohl die notwendigen Inhalte gem § 2 AVRAG als auch die Bestimmungen über Mehrfachbeschäftigung und über Aus,- Weiter- und Fortbildungen.

Kontrollieren Sie die bestehenden Regelungen in einem anwendbaren Kollektivvertrag und / oder Arbeitsvertrag bzw im Gesetz betreffend eine Pflicht zur Aus-, Fort- oder Weiterbildung als Voraussetzung für die Ausübung der arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeit.



Autor: Roland Heinrich