Die Reform der Spanischen Erbschaft- und Schenkungsteuer nach dem EuGH-Urteil vom 03.09.2014 (EU-Kommission ./. Spanien)

Neue Möglichkeiten zur steuergünstigen Übertragung sowie zur Rückforderung unrechtmäßig zu viel gezahlter Steuerquoten in Spanien.

Hintergrund
Spanien wurde von der Europäischen Kommission aufgrund der Ungleichbehandlung zwischen steuerlich ansässigen und im Ausland lebenden Erben bzw. Beschenkten vor dem EuGH verklagt (Rechtssache C-127/12). Mit dem Urteil vom 03.09.2014 hat der EuGH festgestellt, dass das Königreich Spanien gegen seine Verpflichtungen aus den Art. 21 und 63 des Vertrages über die Funktionsweise der EU (AEUV) sowie Art. 28 und 40 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) verstoßen habe. Der Grundsatz der Kapitalverkehrsfreiheit sei insofern verletzt worden, als Spanien in der steuerrechtlichen Behandlung von Schenkungen und Erbschaften Unterschiede zwischen in Spanien ansässigen und gebietsfremden Rechtsnachfolgern und Beschenkten, zwischen in Spanien ansässigen und gebietsfremden Erblassern sowie zwischen Schenkungen und ähnlichen Verfügungen über in und außerhalb Spanien gelegenes unbewegliches Vermögen eingeführt hatte.

Daraufhin hat Spanien das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz (Ley sobre el Impuesto de Sucesiones y Donaciones) in beispielloser Eile durch Gesetz 26/2014, vom 27.11.2014 mit Wirkung zum 01.01.2015 geändert. Ziel des Gesetzes ist es, die von dem genannten EuGH-Urteil festgestellte Ungleichbehandlung der Gebietsfremden bei der Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen zu beseitigen.

Hintergrund sind die zwei verschiedenen Steuerhoheiten in Spanien: auf der einen Seite die überregionale Hoheit des Staates und auf der anderen die Steuerhoheit der Autonomen Gemeinschaften. Dies hat zur Folge, dass es mehrere Erbschaft- und Schenkungsteuergesetze gibt. Bisher galten die Gesetze der Autonomen Gemeinschaften bei Erblassern und Beschenkten, wenn sie in der jeweiligen Gemeinschaft unbeschränkt steuerlich ansässig waren. Für alle anderen, also auch im Falle von Erblassern und Beschenkten, die im Ausland lebten, kamen die überregionalen Steuergesetze zur Anwendung.

Da das überregionale Gesetz jedoch erheblich geringere Freibeträge vorsah als die der Autonomen Gemeinschaften, bestand eine steuerliche Ungleichbehandlung. So steht beispielsweise nach dem staatlichen Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz einem Kind des Erblassers ein Freibetrag von unter EUR 16.000,00 zu. Das Steuergesetz der Balearischen Inseln (darunter Mallorca) sieht hingegen bei Erbschaften einen effektiven Steuersatz in Höhe von 1% vor.

Bei Schenkungen gab es für im Ausland lebende Begünstigte bis Ende letzten Jahres überhaupt keine steuerlichen Ermäßigungen. Wollte etwa ein in Österreich oder den USA lebender Vater seinem Sohn die in Spanien gelegene Immobilie bereits zu Lebzeiten übertragen, war die Schenkung unter Lebenden regelmäßig die steuerliche ungünstigste Übertragungsform. In Spanien steuerlich Ansässigen standen hingegen – je nach Autonomer Gemeinschaft – großzügige Freibeträge und Steuerbegünstigungen zu.

Neuerungen durch die Gesetzesrefor
Die Änderung des spanischen Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes zielt auf die Gleichbehandlung zwischen den Steuerpflichtigen mit Wohnsitz in der EU oder in einem Staat des EWR und denjenigen, die in Spanien ansässig sind, ab. Um dies zu erreichen, finden seit dem 01.01.2015 die günstigeren Vorschriften der Autonomen Gemeinschaften auf alle Steuerpflichtigen Anwendung, wenn der Erblasser bzw. der Beschenkte seinen Wohnsitz in einem EU/EWR-Staat hatte bzw. hat und der beschränkt Steuerpflichtige Gebrauch seines entsprechenden Wahlrechts zu Gunsten der regionalen Gesetzgebung ausübt.

Lebte der Erblasser oder lebt der Beschenkte jedoch in einem sonstigen Staat, kommt nach wie vor nur die staatliche Gesetzgebung zur Anwendung. Verstirbt also ein Deutscher oder Argentinier (die Nationalität ist hierbei irrelevant) und hatte dieser seinen letzten Wohnsitz in der Schweiz oder in den USA, richtet sich die Besteuerung nach den ungünstigeren staatlichen Vorschriften. Hätte er hingegen seinen letzten Wohnsitz in Norwegen gehabt, würden die Erben in den Genuss der günstigeren regionalen Steuergesetze kommen. Der EuGH hat in seinem Urteil vom 17.10.2013 in der Rechtssache C-181/12 (Fall Welte) allerdings erklärt, dass der Grundsatz der Kapitalverkehrsfreiheit auch auf Erbfälle anzuwenden ist, bei denen der Erblasser und der Erbe in der Schweiz, also in einem Drittstaat, leben, womit eine Diskriminierung in diesen Fällen ausgeschlossen wird. Obwohl die Reform des spanischen Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes dies nicht ausdrücklich bestimmt, kann aufgrund des Vorrangigkeitsprinzips und der Rechtsprechung des EuGH, insbesondere im Fall Welte, behauptet werden, dass die Gesetzgebung der Autonomen Gemeinschaften auch auf Steuertatbestände angewendet werden kann, bei denen der Erblasser oder der Beschenkte in einem Drittland ansässig war bzw. ist.

Rückerstattung zu viel gezahlter Steuerbeträge
Erben oder Beschenkte, die vor Inkrafttreten der Gesetzesreform im Vergleich zur aktuellen Rechtlage zu viel Steuern bezahlt haben, haben aufgrund des EuGH-Urteils nun einen Rückerstattungsanspruch. Hierzu hat sich bereits das spanische Zentrale Finanzgericht in einem von unserer Kanzlei eingeleiteten Fall entsprechend geäußert.

Welches Verfahren für die Rückerstattungsanträge gewählt werden soll, richtet sich danach, ob die vierjährige Verjährungsfrist bereits abgelaufen ist. Vor deren Ablauf kann der Rückerstattungsantrag in einem ordentlichen Verwaltungsverfahren gestellt werden und der Antragsteller dürfte in der Regel Recht bekommen, wenn er tatsächlich steuerlich diskriminiert wurde. Ist die Frist jedoch abgelaufen, ist innerhalb eines Jahres nach Veröffentlichung des EuGH-Urteils, mithin bis zum 10.11.2015, die Rückerstattung mittels eines Amtshaftungsverfahrens geltend zu machen.

Fazit
Im Ergebnis hat die spanische Gesetzgebung einen Schritt in die richtige Richtung getan, beseitigt wurde die Ungleichbehandlung jedoch noch nicht vollständig. Dies wird erst dann der Fall sein, wenn für alle Erben und Beschenkten, unabhängig von ihrem Wohnsitz, die gleichen Steuervorschriften Anwendung finden.

Die neue Erbschaft- und Schenkungsteuerlandschaft bietet jedenfalls sehr interessante Möglichkeiten für die steuergünstige Übertragung von Spanien-Immobilien und sonstigem Vermögen –wie bspw. Geschäftsanteilen an spanischen Unternehmen- nach den Steuerregelungen der spanischen Autonomen Gemeinschaften.

Auch diejenigen, die von der Steuerreform ausgeschlossen sind, nämlich Erben, wenn der Erblasser nicht in einem EU/EWR-Staat lebte und Beschenkte, die selber in einem Drittstaat leben, können unserer Ansicht nach die günstigeren Steuerregelungen der Autonomen Gemeinschaften in Anspruch nehmen: Die maßgebliche Rechtsprechung des EuGH in ähnlichen Fällen ist insoweit eindeutig.

Wer unrechtmäßig zu viel Erbschaft- oder Schenkungsteuer bezahlt hat, müsste innerhalb der Verjährungsfrist von vier Jahren einen entsprechenden Rückerstattungsantrag stellen, die Erfolgsaussichten sind gut. Eine solche Amtshaftungsklage ist jedenfalls bis zum 10.11.2015 möglich.

Autor: Fernando Lozano (Denia, Valencia)