Teilreform des Kapitalgesellschaftsgesetzes

Am 3. Mai 2021 trat das neue Gesetz 5/2021 vom 12. April in Kraft, welches das Kapitalgesellschaftsgesetz (LSC) punktuell abändert. Spanien setzt hiermit die „Shareholder Rights Directive 2“ um, welche von der EU bereits am 17. Mai 2017 erlassen wurde und eine Stärkung der Investorenrechte und Verbesserung der Kommunikation zwischen Gesellschaften und ihren Aktionären bezweckt.

Das Gesetz 5/2021, das in erster Linie Neuerungen für börsennotierte Unternehmen mit sich bringt, führt auch wesentliche Änderungen für nichtbörsennotierte Unternehmen ein, die in diesem Beitrag beleuchtet werden.

Möglichkeit der virtuellen Teilnahme an Gesellschafterversammlungen

Nach der Neufassung von Artikel 182 LSC können nunmehr Gesellschafter von Gesellschaften mit beschränkter Haftung virtuell an den Gesellschafterversammlungen teilnehmen. Bislang war dies gesetzlich nur für die Aktiengesellschaften ausdrücklich geregelt. Die Rechtsprechung erkannte Gesellschaftern von Gesellschaften mit beschränkter Haftung zwar die Möglichkeit der Fernabstimmung an, nicht aber der virtuellen Teilnahme an den Versammlungen. Das Gesetz stellt nunmehr spezifische Regelungen für die Ausübung des Informationsrechts der Gesellschafter auf, die virtuell an der Gesellschafterversammlung teilnehmen.

Sieht die Gesellschaftssatzung die Möglichkeit der virtuellen Teilnahme an der Versammlung vor, sind in der Einberufung der Versammlung die von den Geschäftsführern vorgesehenen Fristen, Formen und Mittel zur Ausübung der Gesellschafterrechte zu nennen, um eine ordnungsgemäße Durchführung der Versammlung zu ermöglichen.

Insbesondere können die Geschäftsführer bestimmen, dass Wortmeldungen und Beschlussvorschläge von Personen, die beabsichtigen, virtuell an der Versammlung teilzunehmen, bereits vor der Versammlung an die Gesellschaft zu übermitteln sind.

Antworten an Gesellschafter oder ihre Vertreter, die ihr Auskunftsrecht während der Versammlung virtuell wahrnehmen, sind während der Versammlung selbst oder schriftlich innerhalb von sieben Tagen nach Ende der Versammlung zu erteilen.

Abhaltung rein virtueller Gesellschafterversammlungen

Durch Einführung des neuen Artikels 182bis, gibt das LSC nunmehr den Gesellschaften die Möglichkeit der Abhaltung rein virtueller Versammlungen, sofern in der Gesellschaftssatzung vorgesehen ist, dass die Gesellschafterversammlungen  ohne physische Anwesenheit der Gesellschafter oder ihrer Vertreter abgehalten werden können. Auch eine virtuelle Teilnahme der Geschäftsführer ist unserer Auffassung nach möglich. Ist die Abhaltung rein virtueller Versammlungen nicht in der Satzung vorgesehen, bedarf es einer entsprechenden Satzungsänderung, sofern die Gesellschafter auf diese Möglichkeit zurückgreifen wollen. Die Satzungsänderung setzt die Zustimmung der Gesellschafter voraus, die mindestens zwei Drittel des anwesenden oder vertretenen Kapitals repräsentieren. Unserer Auffassung nach müssen die Ja-Stimmen auch die Hälfte der Gesamtstimmen, einschließlich der Stimmen der nicht anwesenden Gesellschafter, ausmachen.

Ausnahmsweise gewährt das Königliche Gesetzesdekret 34/2020 über dringende Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für das Jahr 2021 auch solchen Gesellschaften die Möglichkeit der Abhaltung rein virtueller Gesellschafterversammlungen, deren Satzungen dies nicht ausdrücklich vorsehen. 

Die Durchführung der rein virtuellen Versammlung setzt in jedem Fall voraus, dass eine Identitäts- und Befugnisfeststellung der Gesellschafter und ihrer Vertreter gewährleistet ist. Ferner ist sicherzustellen, dass alle Teilnehmer in der Lage sind, mittels geeigneter Fernkommunikationsmittel (Video oder Audio), ergänzt durch die Möglichkeit schriftlicher Mitteilungen während des Versammlungsverlaufs, effektiv an der Versammlung teilzunehmen, um sowohl die ihnen zustehenden Rede-, Informations-, Vorschlags- und Stimmrechte in Echtzeit ausüben als auch die Wortmeldungen der anderen Teilnehmer über die vorgenannten Mittel verfolgen zu können. Dazu müssen die Geschäftsführer die nach dem Stand der Technik und den konkreten Umständen der Gesellschaft (z.B. die Anzahl der Gesellschafter), erforderlichen Maßnahmen treffen.

Die Einberufung muss Informationen über die Formalitäten und Verfahren enthalten, die bei der Registrierung und Erstellung des Teilnehmerverzeichnisses, bei der Ausübung der Rechte der Teilnehmer und bei der Erstellung des Sitzungsprotokolls der Versammlung einzuhalten sind. Das konkrete Verfahren hängt dabei von der für die Versammlung gewählte Plattform ab, z.B. durch Einwahl über einen Link oder mittels Passwortes, die in der Einberufung enthalten sein müssen und auf telematischem Wege an die Gesellschafter zu übersenden sind, sofern die Satzung dies vorsieht. Das schriftliche Sitzungsprotokoll kann sich auf die Wiedergabe der gefassten Beschlüsse beschränken, sofern diesem eine Aufzeichnung der Versammlung beigefügt wird.

Zwar bezieht Art. 182bis LSC ausdrücklich nur auf die Einberufung. Es ist aber auch denkbar, dass eine Universalversammlung, also eine solche, bei der sämtliche Gesellschafter anwesend sind und auf eine Einberufung verzichten, virtuell abgehalten wird.

Die Teilnahme an der Versammlung kann davon abhängig gemacht werden, dass sich die Gesellschafter vor der Versammlung anmelden müssen. Es kann aber nicht verlangt werden, dass die Anmeldung mehr als eine Stunde vor der Versammlung zu erfolgen hat.

Die rein virtuelle Versammlung gilt stets als am Sitz der Gesellschaft abgehalten, unabhängig davon, wo sich der Vorsitzende der Versammlung tatsächlich aufhält.

Den Geschäftsführern nahestehende Personen

Das Gesetz 5/2021 ändert punktuell Art. 231 LSC und stellt klar, dass solche Gesellschaften oder Körperschaften als den Geschäftsführern nahestehende Personen gelten, in denen der Geschäftsführer (sofern es sich um eine natürliche Person handelt) eine Beteiligung hält, die ihm maßgeblichen Einfluss verschafft (was bei 10% des Kapitals oder der Stimmrechte vermutet wird) oder in denen er zum Geschäftsführer bestellt wurde oder als leitender Angestellter fungiert, sowie die Gesellschafter, die der Geschäftsführer im Geschäftsführungsorgan vertritt (was der Fall ist, wenn der Geschäftsführer durch proportionale Vertretung in der SA oder durch stimmgebundene Gesellschafter bestellt wurde)

Gruppeninterne Geschäfte

Zum Schutz der Interessen der Gruppe und der Minderheitsgesellschafter wurde Art. 231bis LSC eingefügt, der regelt, wann ein gruppeninternes Geschäft die Zustimmung der Gesellschafterversammlung oder des Geschäftsführungsorgans voraussetzt.

Ein gruppeninternes Geschäft zwischen einer Gesellschaft und ihrer Muttergesellschaft oder anderen Gesellschaften derselben Gruppe, die regelmäßig einem Interessenskonflikt unterliegen, bedarf dann der Zustimmung der Gesellschafterversammlung, wenn das Geschäft gesetzlich unter die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung fällt (z.B. im Falle der Veräußerung wesentlicher Vermögenswerte der Gesellschaft) oder wenn der Wert des Geschäfts – oder Gesamtwert mehrerer Geschäfte, die unter einen Rahmenvertrag fallen – 10% der Aktiva der Gesellschaft übersteigt. In den übrigen Fällen ist das Geschäftsführungsorgan für die Genehmigung gruppeninterner Geschäfte zuständig (das diese Entscheidung unter gewissen Voraussetzungen übertragen kann). Sofern die Stimme eines mit der Muttergesellschaft verbundenen Geschäftsführers, entscheidend ist und der Beschluss angefochten wird, kommt es zu einer Umkehr der Beweislast. In diesem Fall haben die Gesellschaft und die vom Interessenskonflikt betroffenen Geschäftsführer darzulegen, dass der Beschluss in Einklang mit dem Interesse der Gesellschaft steht (entire fairness test) oder, dass sie, sofern ihre Haftung geltend gemacht wird, mit der notwendigen Sorgfalt und Loyalität gehandelt haben.



Autor: Axel Roth
Autor: Carlos Fernández