AUSWIRKUNGEN DER COVID-19-KRISE AUF DEN STEUERSITZ JURISTISCHER PERSONEN UND DIE ENTSTEHUNG VON BETRIEBSSTÄTTEN

Die von vielen Ländern, darunter auch Spanien, zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie angeordneten Beschränkungen haben zu Einschränkungen der internationalen Freizügigkeit geführt, sei es durch zwingende Quarantänen oder durch die Schließung der Grenzen. Eine beträchtliche Anzahl von Menschen wurde gezwungen, in einem anderen Land als ihrem Wohnsitzland zu bleiben und von dort aus zu arbeiten. In einem früheren Beitrag haben wir bereits die Auswirkung dieser Situation auf den steuerlichen Wohnsitz von natürlichen Personen analysiert. Im vorliegenden Beitrag untersuchen wir die Folgen, die die Krise auf den Steuersitz von Handelsgesellschaften haben kann, sowie auf das mögliche Entstehen einer Betriebsstätte, in der sich der entsandte Arbeitnehmer befindet.

Auswirkungen auf den Steuersitz juristischer Personen

Jeder Staat bestimmt frei, welche juristische Person er als steuerlich ansässig betrachtet; so bestimmt Spanien, dass nach spanischem Recht gegründete Gesellschaften oder solche, deren eingetragener Sitz oder tatsächlicher Ort der Geschäftsleitung sich auf dem spanischen Staatsgebiet befindet, steuerlich in Spanien ansässig sind. Es ist möglich, dass eine juristische Person von mehr als einem Staat als steuerlich ansässig betrachtet wird, wie es beispielsweise der Fall ist, wenn eine spanische GmbH (sociedad limitada, S.L.) ihren Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung in einem Staat hat, der bei der Bestimmung genau auf diesen letzten Punkt abstellt. In einem solchen Fall entsteht ein Ansässigkeitskonflikt, der gegebenenfalls durch die Anwendung der tie-breaker rule des zwischen den beiden Ländern geltenden Doppelbesteuerungsabkommens gelöst werden muss. Die meisten von ihnen lösen den Konflikt zugunsten des Staates, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung befindet.

In den Kommentaren zum OECD-Musterabkommen wird erläutert, was unter dem Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung zu verstehen ist. Es handelt sich um den Ort, an dem die für die Führung der Geschäfte des Unternehmens erforderlichen wichtigen Management- und Geschäftsentscheidungen tatsächlich getroffen werden, was in den meisten Fällen zu dem Ort führt, an dem die obersten Führungskräfte (mit Zuständigkeit für das gesamte Unternehmen) tagtäglich solche Entscheidungen treffen, oder, grafisch ausgedrückt, an dem Ort, an dem die Geschäftsführung zusammentritt.

Es könnte vorkommen, dass sich dieser Ort unter den gegenwärtigen Umständen de facto geändert hat: Denkbar ist beispielsweise, dass der Geschäftsführer einer Gesellschaft von einem anderen Land aus telematisch arbeitet als dem, in dem er das Unternehmen vor Beginn der Krise gewöhnlich geleitet hat, oder dass der Verwaltungsrat telematisch oder schriftlich zusammentritt (eine Möglichkeit, die im Königlichen Gesetzesdekret 8/2020 vorgesehen ist), wobei sich jedes einzelne Mitglied in einem anderen Land befindet.

Das Generalsekretariat der OECD analysiert in seinem Vermerk mit dem Titel "Analysis of Tax Treaties and the Impact of the COVID-19 Crisis" dieses Problem und kommt zu dem Schluss, dass eine Änderung des Ortes, von dem aus die Geschäftsführers eines Unternehmens infolge der COVID-19-Krise ihre Managementfunktionen ausüben, eine Situation vorübergehender und außerordentlicher höherer Gewalt darstellt und dass diesem neuen Ort daher der gewöhnliche und übliche Charakter fehlen wird, der vorhanden sein muss, damit er als Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung eingestuft werden kann.

Einige Länder, wie z.B. Irland haben infolgedessen klargestellt, dass die Anwesenheit des Geschäftsführers eines Unternehmens auf seinem Staatsgebiet (zum Zweck der Bewertung des Steuersitzes des Unternehmens) nicht berücksichtigt wird, wenn diese durch die Beschränkungen im Zusammenhang mit der Pandemie verursacht wurde. Die spanischen Steuerbehörden haben, ähnlich wie in Bezug auf natürliche Personen, zu dieser Frage noch nicht Stellung genommen.

Entstehen von Betriebsstätten im Ausland

Obwohl, wie wir gesehen haben, ausgeschlossen werden kann, dass Beschränkungen des internationalen Reiseverkehrs den Steuersitz juristischer Personen beeinflussen, könnte man sich die Frage stellen, ob solche Beschränkungen in bestimmten Fällen von Telearbeit zur Entstehung von Betriebsstätten im Ausland führen können.

In den Doppelbesteuerungsabkommen wird die Betriebsstätte in der Regel definiert als eine feste Geschäftseinrichtung (in einem anderen Land als dem Land des Steuersitzes), über die ein Unternehmen seine Tätigkeit ganz oder teilweise ausübt, einschließlich insbesondere Zweigniederlassungen, Büros und Fabriken. Stellt ein Mitarbeiter des Unternehmens, der aufgrund der COVID-19-Krise gezwungen ist, von einem anderen Land aus Telearbeit zu leisten, eine Betriebsstätte des Unternehmens dar?

Auch diese Frage hat das Generalsekretariat der OECD analysiert. Damit es eine „feste Geschäftseinrichtung" gibt, die zu einer Betriebsstätte führt, verlangen die Kommentare zum Musterabkommen, dass bezüglich dieses Ortes ein gewisser Grad an Dauerhaftigkeit vorliegt und dem Unternehmen zur Verfügung steht. Offensichtlich sind diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall nicht erfüllt: Der Arbeitnehmer arbeitet nicht auf Beschluss des Unternehmens, sondern auf Beschluss der zuständigen Behörde von zu Hause aus, und dies stellt keine dauerhafte Situation dar, sondern wird so lange aufrechterhalten, wie die durch die Gesundheitskrise auferlegten Einschränkungen bestehen bleiben. Wäre dies jedoch nicht der Fall, d.h. wenn der Arbeitnehmer unter normalen Umständen von zu Hause aus in diesem anderen Land arbeitete und dies auf Beschluss des Unternehmens tut, käme es zu einer umgekehrten Schlussfolgerung.

Die Doppelbesteuerungsabkommen sehen auch vor, dass ein Unternehmen eine Betriebsstätte in den Ländern hat, in denen es abhängige Vertreter hat, d.h. Personen, die für ein Unternehmen tätig sind und in einem Vertragsstaat die Vollmacht besitzen, im Namen des Unternehmens Verträge abzuschließen, selbst wenn es keine feste Geschäftseinrichtung gibt. Was passiert, wenn sich ein Handelsvertreter, der eine entsprechende Vollmacht des Unternehmens hat, für die Dauer der Quarantäne vorübergehend im Ausland aufhält und weiterhin Verträge im Namen des Unternehmens in diesem Land abschließt? Führt dies zum Entstehen einer Betriebsstätte in diesem Land, sodass das Unternehmen mit den Gewinnen aus solchen Verträgen steuerpflichtig ist?

Wie auch beim Begriff der „festen Geschäftseinrichtung” ist ein gewisses Maß an Gewohnheit erforderlich, damit ein abhängiger Vertreter eine Betriebsstätte begründen kann. Wenn die Anwesenheit eines solchen Vertreters vorübergehend ist, wie in diesen Fall aufgrund höherer Gewalt, kann sie nicht diese Wirkung entfalten. Es wird daher zu überlegen sein, wie die Situation gewesen wäre, wenn die Gesundheitskrise nicht eingetreten wäre.

Es bestehen allerdings Fälle, in denen die Beschränkungen zur Entstehung einer Betriebsstätte führen können. In der Regel legen die Doppelbesteuerungsabkommen fest, dass eine Baustelle dauerhaft ist, wenn ihre Dauer 12 Monate überschreitet. Zeiträume der Arbeitsunterbrechung, einschließlich solcher, die durch behördliche Anordnungen verursacht werden (Maßnahmen der Überwinterung nicht wesentlicher wirtschaftlicher Aktivitäten zur Verlangsamung der Ausbreitung des COVID-19), müssen bei seiner Berechnung berücksichtigt werden. Führt eine solche Unterbrechung dazu, dass die 12-Monats-Grenze überschritten wird, wird der Standort zu einer Betriebsstätte des Unternehmens.

Zusammenfassend und ungeachtet des letztgenannten Falles ist zu erwarten, dass die durch die Pandemie verursachten Beschränkungen des internationalen Reiseverkehrs keine Auswirkungen auf den Steuersitz juristischer Personen haben oder bezüglich der Entstehung von Betriebsstätten im Ausland haben werden. Dies ist eine gute Nachricht für Unternehmen, da sie vor Situationen der Doppelbesteuerung und neuen formellen Verpflichtungen bewahrt werden, die die Anstrengungen zur Überwindung der Krise nur noch schwieriger machen würden.

Aktualisiert am 15.04.2020