Spanische Arbeitsrechts-und Sozialversicherungsvorschriften

Spanisches Arbeitsrecht

Das Kernstück des spanischen Arbeitsrechts ist das Arbeitnehmerstatut (Estatuto de los Trabajadores), das durch das Königliche Gesetzesdekret 2/2015 vom 23. Oktober verabschiedet wurde.

Ein wesentliches Merkmal des spanischen Arbeitsrechts besteht darin, dass wichtige Beschäftigungsfragen durch Tarifverträge (convenios colectivos) geregelt werden können, d. h. durch Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern in einem bestimmten Bereich (innerhalb eines Unternehmens, unternehmensweit oder branchenweit).

Arbeitsverträge

Arbeitsverträge können mündlich oder schriftlich abgeschlossen werden, es sei denn explizite Bestimmungen verlangen einen schriftlichen Vertrag (z. B. befristete Verträge, Teilzeitverträge und Ausbildungsverträge). Wird dieses Formerfordernis nicht erfüllt, gilt der Vertrag als unbefristet abgeschlossen und als Vollzeitbeschäftigung, sofern nicht das Gegenteil nachgewiesen werden kann. Die Einstellung von Arbeitnehmern muss den regionalen Arbeitsbehörden (Servicios Públicos de Empleo) innerhalb von zehn Tagen nach Vertragsbeginn gemeldet werden. Eine rückwirkende Anmeldung zur Sozialversicherung ist allerdings nicht möglich.

Es gibt verschiedene Arten von Arbeitsverträgen, darunter unbefristete, befristete, Ausbildungs-, und Teilzeitverträge:

  • Befristete Arbeitsverträge: Das spanische Recht stellt konkrete, sehr strenge Anforderungen an den Abschluss von befristeten Verträgen. Diese müssen stets schriftlich abgeschlossen werden und der Grund für die Befristung muss hinreichend genau angegeben werden. Andernfalls, oder wenn der Grund für die Befristung keiner der gesetzlich festgelegten Fallgruppen entspricht, wird der Vertrag als unbefristet behandelt.

Befristete Arbeitsverträge können nur in folgenden Fällen abgeschlossen werden: 1/ Aufgrund des betrieblichen Bedarfs (bspw. ein bestimmtes Projekt, Marktumstände oder eine Häufung von Aufträgen) und 2/ Zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers, z. B. im Krankheitsfall. Bei betriebsbedingten Sachgründen darf die Laufzeit sechs Monate nicht überschreiten (durch Tarifvertrag in der betreffenden Branche auf 12 Monate verlängerbar) bzw. 90 Tage pro Kalenderjahr für vorhersehbare Umstände. Bei Beendigung befristeter Verträge hat der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Abfindung in Höhe von 12 Tagesgehältern für jedes Arbeitsjahr.

  • Es gibt zwei Arten von Ausbildungsarbeitsverträgen: 1/ „Praktikumsverträge“ für Hochschul- und sonstige Absolventen oder Inhaber von Berufsausbildungsqualifikationen (seit dem Abschluss des entsprechenden Studiums dürfen nicht mehr als 3 Jahre vergangen sein) und 2/ „Ausbildungsverträge“ mit dem Zweck der Verbindung von bezahlter Arbeitstätigkeit mit den entsprechenden Ausbildungsprozessen (bspw. Berufsausbildung oder Universitätsstudium).
  • Ein Arbeitsvertrag gilt als Teilzeitbeschäftigung, wenn mit dem Arbeitnehmer eine Arbeitszeit pro Tag, Woche, Monat oder Jahr vereinbart wurde, die geringer ist als die Arbeitszeit eines "vergleichbaren Vollzeitarbeitnehmers" (in der Regel 40 Stunden pro Woche), d. h. eines Vollzeitarbeitnehmers im selben Unternehmen und am selben Arbeitsplatz, der identische oder ähnliche Arbeit verrichtet. Der Arbeitgeber darf einem unbefristet eingestellten Teilzeitbeschäftigten nicht weniger als 10 Wochenstunden (auf Jahresbasis) anbieten.
  • Unbefristete Verträge für saisonale oder intermittierende Arbeit können für die Verrichtung von Arbeiten verwendet werden, die mit saisonalen Tätigkeiten zusammenhängen, sowie für jene Arbeiten, die nicht saisonabhängig sind, aber aufgrund ihres intermittierenden Charakters bestimmte, festgelegte oder unbestimmte Leistungszeiträume haben. Die Höchstdauer der Inaktivität beträgt drei Monate, sofern der Tarifvertrag nichts anderes vorsieht.
  • Fernarbeit / Homeoffice: Wird die Arbeit zu über 30% in der Wohnung des Arbeitnehmers oder an einem vom Arbeitnehmer gewählten Ort verrichtet, so gelten die Bestimmungen des Gesetzes 10/2021 vom 9. Juli über die Fernarbeit (; eine Remote-Work- bzw. Telearbeit-Vereinbarung ist schriftlich vor Beginn der Fernarbeit abzuschließen.

Eine Probezeit kann zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern vereinbart werden, während der der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer den Vertrag kündigen kann, ohne einen Grund angeben oder nachweisen zu müssen, ohne vorherige Ankündigung und ohne Anspruch auf eine Entschädigung zugunsten des Arbeitnehmers oder des Arbeitgebers. In Tarifverträgen kann die Höchstdauer der Probezeit festgelegt werden, die in Ermangelung eines Tarifvertrags für Facharbeiter mit Universitäts- oder Fachhochschulabschluss sechs Monate und für alle anderen Arbeitnehmer zwei Monate nicht überschreiten darf.

Im Allgemeinen beträgt die wöchentliche Höchstarbeitszeit 40 Stunden der tatsächlich geleisteten Arbeit. Das Unternehmen muss die tägliche Arbeitszeiterfassung gewährleisten. Die Arbeitnehmer haben das Recht auf digitales Abschalten nach Dienstschluss, um die Einhaltung ihrer Ruhezeiten, Erlaubnisse und Urlaube zu gewährleisten.

Der offizielle Mindestlohn wird jedes Jahr von der Regierung festgelegt und beträgt für 2024 € 15.876,00 pro Jahr für Personen über 18 Jahre (einschließlich 12 Monatsgehälter und 2 Sonderzahlungen; es ist möglich, die Extrazahlungen anteilig zu leisten). Die Mindestlöhne für die einzelnen Berufsgruppen sind in der Regel in den entsprechenden Tarifverträgen geregelt.

Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber gibt es drei Hauptgründe: 1/ kollektive Entlassung; 2/ objektive Gründe und 3/ disziplinarische Gründe. Die gesetzliche Abfindung in den ersten beiden Fällen besteht aus 20 Tagesgehältern pro Arbeitsjahr, bis zu einem Maximum von 12 Monatsgehältern. Im Falle einer Entlassung aus disziplinarischen Gründen (schwerwiegender und schuldhafter Verstoß des Arbeitnehmers) hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf eine Abfindung.

Ein Arbeitnehmer, dem aus objektiven oder disziplinarischen Gründen gekündigt wurde, kann gegen die Entscheidung des Arbeitgebers vor den Arbeitsgerichten Kündigungsschutzklage einlegen; zuvor hat zwingend eine Schlichtungsverhandlung vor einem Schiedsgericht zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber stattzufinden.

Die Kündigung wird durch das Gericht in eine der drei folgenden Kategorien eingestuft: 1/ gerechtfertigt, 2/ ungerechtfertigt (der Arbeitgeber hat ein Wahlrecht zwischen der Wiedereinstellung des Arbeitnehmers mit Lohnnachzahlung seit dem Tag der Entlassung oder der Zahlung einer Abfindung in Höhe von 33 Tagegehältern pro gearbeitetem Jahr bis zu einem Maximum von 24 Monatsgehältern) oder 3/ nichtig (Wiedereinstellung und Lohnnachzahlung).

Beiträge zur Sozialversicherung

Grundsätzlich müssen alle Personen, sei es Angestellte oder Selbstständige, die in Spanien ihre Tätigkeit ausüben, beim spanischen Sozialversicherungssystem angemeldet sein und Beiträge zahlen. Es gibt diverse Beitragsprogramme im spanischen Sozialversicherungssystem, wobei die beiden wichtigsten das allgemeine Sozialversicherungsprogramm (Régimen General de la Seguridad Social), dem generell alle Angestellte unterliegen und das Sonderprogramm für Selbständige (Régimen Especial de Trabajadores Autónomos; für alle Einzelunternehmer und Freiberufler (sowie für Geschäftsführer, wenn sie Kontrolle über die Gesellschaft haben, s.u.).

Die Sozialversicherungsbeiträge im allgemeinen Sozialversicherungsprogramm werden anteilig vom Arbeitgeber und vom Arbeitnehmer gezahlt. Angestellte werden in eine Reihe von Berufs- und Beschäftigungskategorien eingeteilt, um die Beiträge zu bestimmen. Jede Kategorie hat eine maximale und minimale Beitragsgrundlage, die in der Regel jährlich angepasst wird. Für das Jahr 2024 beträgt die Höchstbeitragsgrundlage für alle Berufsgruppen und -kategorien 4.720,50 € pro Monat; die Mindestbeitragsgrundlage beläuft sich auf 1.260,00 € pro Monat.

Die Gesamtbeitragssätze, die für Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Rahmen der allgemeinen Sozialversicherung im Jahr 2024 gelten, lauten:

  • Arbeitgeber: 30,40 % (31,60 % bei befristeten Verträgen)
  • Arbeitnehmer: 6,45 % (6,50 % bei befristeten Verträgen)

Der Gesamtbeitragssatz des Arbeitgebers wird nach dem staatlichen Haushaltsgesetz um zusätzliche Prozentsätze für Arbeitsunfall- und Krankheitskosten erhöht. Die Arbeitgeber ziehen den Arbeitnehmeranteil vom Lohn ab und führen ihn zusammen mit dem Arbeitgeberanteil an die Sozialversicherungsbehörde monatlich ab.

Für in Spanien ansässige Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder einer Gesellschaft, die eine Vergütung erhalten, gilt entweder das Allgemeine Sozialversicherungsprogramm (wie bei jedem anderen Arbeitnehmer) oder dasselbe Programm ohne Arbeitslosenschutz (als sogenannte als „Gleichgestellte“, wenn sie andere Arbeitstätigkeiten ausüben) bzw. das Sonderprogramm für Selbständige, je nachdem, ob sie die effektive Kontrolle über die Gesellschaft haben.